Derne. Sein erster Marsch war das „Liebchen“ und er hat ihn gespielt, ohne eine einzige Note lesen zu können. Heute, nach 50 Jahren, hat Helmut Loer 35 Märsche im Kopf und 30 Jahre Zapfenstreich. Seine Querflöte trägt er stets in der Uniformjacke bei sich. Anders kann es sich der 69-Jährige gar nicht vorstellen. Als er vor einem halben Jahrhundert zu den Gründungsmitgliedern des Spielmannszuges „Alte Kameraden Lerche“ gehörte, hat er einen wichtigen Teil seines Lebens mitgestaltet.
Dabei hat alles einmal unter dem Banner der Freiwilligen Feuerwehr angefangen. 14 Jahre war Helmut Loer damals jung und Musik seine große Leidenschaft. Sein Stiefvater spielte im Spielmannszug der Feuerwehr – ebenfalls die Flöte. Da lag es fast auf der Hand, dass er selbst in die Fußstapfen trat. Viele andere Jugendliche taten es ihm damals gleich. „Wir waren 20 bis 30 Jugendliche“, erinnert er sich. „1962 haben wir uns dann selbstständig gemacht“, erzählt Helmut Loer. Es gibt aber noch mehr als die Musik, die den Spielmannszug zu einem festen Bestandteil im Lercher Gesellschaftsleben machte: „Es ist eine ganz besondere Art der Freundschaft und des Zusammenhalts, die uns alle verbindet.“
Deshalb ist auch Manfred Schetter (75) eigens aus dem Seniorenheim angereist, um das 50-Jährige der „Alten Kameraden Lerche“ mitzufeiern. Auch her hat schon als Jugendlicher mit dem Paukenspiel begonnen, weil er „etwas Handfestes brauchte“ – damals ebenfalls noch bei der Feuerwehr, „Wir mussten doch irgendwo bleiben“, meint er mit Blick auf die damaligen Freizeitmöglichkeiten. Bis 2002 hat er aktiv mitgemacht – zuletzt, weil er nur noch schlecht gehen konnte, sogar mit einer eigens hergestellten Konstruktion für seine Pauke. Heute kommen seine Vereinskameraden regelmäßig im Seniorenheim vorbei und bringen ihm ein Ständchen.
Schon als Kind hat auch Hamms Bürgermeisterin Ulrike Wäsche den Spielmannszug erlebt: „Ein Schützenfest ohne den Spielmannszug ist undenkbar“, hob sie in ihrem Grußwort zum Jubiläum hervor. Auch heute noch würden hier junge Menschen an die Musik herangeführt. Junge Nachwuchsmusiker wie Franziska Hüsemann. Sie ist mit ihren sieben Jahren heute nicht weniger musikbegeistert als die Gründer vor 50 Jahren. „Ich finde das Marschieren toll“, erzählt sie, „und das Auftreten vor Leuten und die laute Musik“. Ihr Vater spielt ebenfalls in einem Spielmannszug – jedoch „woanders“. Ihre ältere Schwester marschiert schon länger bei den „Alten Kameraden“ mit. Seit drei Monaten ist Franziska das jüngste Mitglied.
Im Jubiläumsjahr wird es jedoch auch für den Spielmannszug immer schwieriger, gegen PC-Spiele und Fernseh-Kultur zu konkurrieren. 36 aktive und um die 50 passive Mitglieder haben die „Alten Kameraden“ aktuell, darunter sechs Kinder. „Wir können stets Nachwuchs gebrauchen“, betont der 2. Vorsitzende Uli Närdemann. Hier können alle Interessierten auch ein Instrument erlernen – von der Trommel über die Becken, Pauken und Flöten bis zu den Lyren, von klassischer Musik bis zum zeitgemäßen Hit. Die „Alten Kameraden Lerche“ sind längst über die Grenzen der Stadt hinaus begehrt, werden zu Auftritten bis ins Münsterland und nach Dortmund eingeladen. Proben sind sonntags von 17.30 bis 20 Uhr im Vereinsheim an der Kerstheider Straße.
Quelle: http://www.derwesten.de/staedte/kamen/maechtig-auf-die-pauke-hauen-id6610246.html